Prowein 2023 - Unser persönlicher Rückblick

23.03.2023

Messen > Prowein

Weiter geht es im Etappenlauf der großen europäischen Weinmessen. Dieses Mal hat es uns nach Düsseldorf verschlagen:

2. Etappe: Prowein (19.-21.3.23)

Die Prowein ist die größte Weinmesse für den Fachhandel weltweit. Zu Spitzenzeiten (sprich: vor Corona) waren täglich bis zu 80.000 Besucher in den Hallen der Messe Düsseldorf unterwegs, die Stadt war komplett ausgebucht und die lokale Gastronomie sowie die Taxifahrer hatten viel Arbeit, aber auch viel Umsatz. Das merke ich vorneweg an, da dieses Jahr dann doch einiges anders war.

Zum einen gab es von unserer Seite ein paar spontane Unwägbarkeiten zu bewältigen: drei Tage vor der Messe sind zwei Kollegen krank geworden, beim Dritten scheiterte die Anfahrt am Sonntag in Form einer Lichtmaschine. Das bedeutete, dass der Plan, der für fünf Leute ausgelegt war, in dieser Form nicht durchsetzbar war. So kam es, dass leider alles in allem weniger verkostet wurde als vorgenommen.
Zum anderen war der Unmut auf Seiten der Aussteller schon im Vorfeld groß: Der Preis für die Messestände ist mittlerweile astronomisch hoch und die Unterkünfte in der Stadt vervier- bis fünffachen die Übernachtungskosten in der Messezeit. Wer mehr als zwei Mitarbeiter dabeihatte, musste für diese (wenn auch vergünstigt) Eintrittskarten kaufen.

Und zu allem Überfluss wurde in der Woche vor der Prowein der Flughafen bestreikt, während am Messemontag und – Dienstag der ÖPNV den Dienst niederlegte. Hier muss man aber auch die schnelle Antwort der Organisatoren erwähnen: für die Aussteller wurde ein Shuttle-Service eingerichtet. Dennoch waren die An- und Abreise enorm erschwert.

Für uns Besuchende hieß das: sich entweder die 2000 vorhandenen Taxis der Stadt mit 40.000 anderen Besuchern zu teilen oder eine recht lange Anfahrt (plus Spaziergang) über die paar wenigen bestehenden Bus- und Bahnverbindungen in Kauf nehmen. Was mit der Tram unter normalen Umständen eine Fahrt von 20 Minuten ist, wurde so schnell zu einer einstündigen Tour durch Düsseldorf. Ein pünktliches Erscheinen auf der Messe war am Montag und Dienstag eine große Herausforderung.

Es wird deutlich: die Vorzeichen für die Messe waren alles andere als ideal. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und so ging es für uns am Sonntagmorgen um 9:00 Uhr los.

Am ersten Vormittag haben wir uns in der Halle 11 aufgehalten und unsere spanischen Lieferanten besucht. Hier ging es darum, mal wieder unseren iberischen Freunden die Hände zu schütteln und den neuen Jahrgang zu verkosten. Und mit Freuden konnten wir feststellen, dass bei allen die Qualität der Weine gleichbleibend oder besser geworden ist und wir im Allgemeinen eine schöne, recht differenzierte Auswahl an Weingütern im Portfolio haben. Im Weißweinbereich muss man den 22er-Jahrgang aus dem Rueda hervorheben (siehe der Blogbeitrag zur WineParis): saftige, fruchtbetonte Weine mit dem richtigen Maß an Körper und Frische. In Valencia scheint der Rotweinjahrgang 2020 mit einer der besten der vergangenen 20 Jahre zu sein. Der MOMA und der 1771 der Casa Los Frailes können hier exemplarisch genannt werden. Und ganz nebenbei haben wir zwei Weine aus der La Mancha verkosten dürfen, die wohl sehr bald unser Sortiment zieren werden.
Nach diesem erfreulichen ersten Teil des Tages ging es in die Halle 5 zu den Österreichern. Und hier hatten wir den Auftrag, was Schönes aus dem Weinviertel in Niederösterreich zu finden, da wir aus dieser Region nichts im Sortiment haben. Und unsere Vorauswahl lieferte sofort zwei Treffer! Noch ist es nicht in trockenen Tüchern, aber vielleicht dürfen wir in naher Zukunft die Weine vom Weingut Jordan und/oder vom Weingut Frank präsentieren. Beide Male geht es um Gemischten Satz und Grünen Veltliner, beide Male in einer tollen Qualität aber in verschiedener Stilistik gehalten. Wir würden uns definitiv freuen!
Und schneller als man schauen kann, ist der Tag dann auch wieder vorbei. Also macht man sich auf den (langen) Heimweg, trinkt noch ein kühles Alt zum Abschluss und geht früh schlafen. Denn der nächste Tag wird nicht weniger an Programm liefern und der Weg zur Messe ist weit (d.h.: früher als gewohnt aufstehen).

Der Montag war ein bisschen offener, es wurden ganz verschiedene Sachen aus allen Ecken der Welt verkostet: los ging es im Ventoux auf der Suche nach etwas Neuem (leider waren die Ergebnisse hier nicht so prickelnd), dann ging es zu den Portugiesen, um unsere Bestandslieferanten zu begrüßen. Diese hatten im letzten Jahr mit einem Mangel an Flaschen zu kämpfen (der Ukraine-Krieg hat die Warenketten hier extrem durcheinandergeschüttelt), was zur Folge hat, dass die Jahrgänge zum Teil noch nicht abgefüllt sind und unsere Bestände dahingehend recht aufgebraucht sind. Doch uns wurde versichert, dass sich dieses Problem spätestens im April gelöst haben sollte. Insgesamt ist die Qualität sehr toll und die Weine bereiten viel Freude. Unsere Geduld wird sich auszahlen! Danach nochmal kurz zu den Spaniern, den Überhang des Vortages erledigen. Dann ging es in die Halle 14 zu den Vertretern aus Übersee. Und auch hier können wir uns darüber freuen, dass unsere Weine aus Chile, Neuseeland und Australien ein schönes Geschmacksbild abgeben und keinen Anlass zu negativer Kritik geben. Dann kam ein kleiner Abstecher in die Halle 16, nach Italien, zu Braida. Dieses Weingut wird nicht auf der Vinitaly sein, daher schauten wir noch da vorbei. Hier lässt sich feststellen: der Jahrgang 2019 im Piemont hat dem Weingut in die Karten gespielt, die großen Rotweine sind fantastisch!

Den Abschluss bildete an diesem Tag ein Exkurs in die Welt der alkoholfreien Weine. Für Wein-Nerds wie wir es sind eine seltsam anmutende Aufgabe, aber auch hier waren tatsächlich Produkte dabei, die eines genaueren Blickes würdig sind. Wir werden euch auf dem Laufenden halten.

Der Tag ging schnell vorbei und nach dem gleichen Ritual wie am Vorabend brach schon wieder der letzte Messetag an.

Jetzt ging es eigentlich nur noch darum, das, was die letzten beide Tage liegen blieb, noch abzuschließen. Probiert wurde ein eventueller Neuzugang aus dem Rioja mit Weinen, die an Langlebigkeit kaum zu überbieten sind. Das war schon beeindruckend! Danach ging es zu einem Weingut aus Baden, dass eventuell eine Rolle in unserer Zukunftsplanung spielen wird. Weiterhin noch ein Weingut aus dem Piemont mit modern interpretiertem Barolo und zum Abschluss dann doch noch ein Weingut aus dem Ventoux und Luberon, das durch die Bank weg zu überzeugen wusste. Was sich hier ergeben wird, werden die nächsten Wochen zeigen.

Leider war an diesem Punkt, am späten Nachmittag, die Messe für uns beendet, den der Zug nach Hause würde nicht warten. Zu diesem Zeitpunkt war ich aber auch mit meinen Verkostungskräften am Ende und im Großen und Ganzen "satt und zufrieden".

Was ist nun unser Fazit? Die Antwort ist zweigeteilt:

Aus der Sicht des Genießers war die Messe sehr erfreulich: bei allen unseren Bestandslieferanten gibt es nichts zu bemängeln und auch die meisten Neuheiten, die wir uns angeschaut haben, sind vielversprechend. Neu war die "große Welt" der alkoholfreien Alternativen, die auch von uns vermehrt in den Fokus genommen wird. Was sich hier in Bezug auf unser Sortiment entwickeln wird bleibt aber abzuwarten, vor Allem weil die betriebswirtschaftlichen Aspekte noch auszuarbeiten sind. Der von mir auf der Wine Paris beobachtete Trend an schlanken eleganten Rotweinen hat sich in Düsseldorf nicht wirklich bestätigt. Zumindest die Spanier scheinen dagegen resistent zu sein und auch bei den meisten anderen europäischen Vertretern schien dieses Thema nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Aus der Sicht des Handels ist die Antwort recht zwiespältig: die großen Zeiten der Prowein scheinen vorbei zu sein. Die Hallen waren zu keiner Zeit rappelvoll, viele Besucher aus weit entfernten Ländern sind dank der horrenden Preise gar nicht erst angereist. Der überwältigende Tenor bei den Ausstellern kann als genervt von der Organisation bezeichnet werden. Manche deuteten an, dass dies ihre letzte Prowein sein wird. Von einem Winzer wurden wir sogar – fast schon entschuldigend – gefragt, ob das für uns in Ordnung wäre, wenn sie nicht mehr zur Prowein kommen würden und wir sie dann auf anderen Messen besuchen könnten.

Insgesamt ist die Prowein eine Messe, die weniger vom Flair als von der Masse an Angebot lebt. Das war die letzten Jahre so, das war auch dieses Mal so. Es ist traditionell die "nüchternste" Messe im Kalender, da man eben nur die drei Tage Zeit hat, das Riesenangebot abzudecken. Durch die ungewöhnliche Vorbereitung in diesem Jahr und unserer Unterbesetzung kann ich mit Sicherheit sagen, dass es für mich persönlich die anstrengendste Messe war, die ich je besucht habe (und mittlerweile war ich schon auf ein paar).

Wir sind nicht der Meinung, dass dies das Ende dieser Messe sein wird. Aber sie wird definitiv an Wichtigkeit einbüßen und vielleicht auch nicht mehr die weltgrößte Veranstaltung dieser Art sein. Abzuwarten ist, wie viele Aussteller mit ihrer Drohung nicht mehr zu kommen, tatsächlich ernst machen. Aber wer weiß, vielleicht tut ein Schrumpfen der Prowein auch gut, vielleicht lernen die Organisatoren daraus und entwickeln ein Konzept, dass weniger über Masse kommt sondern mehr einen eigenen Charakter entwickelt. Egal wie: ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch nächstes Jahr dort sein, vielen alten Freunden begegnen aber auch hier und da eine neue Bekanntschaft machen werden.

Lesen Sie auch unseren Bericht von der WineParis 2023.
Oder Warum gehen wir auf Wein-Messen?

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